Persönlich – aggressiv – dominant
Franz Rieder • Uneinheitliche Modelle – einheitliche Ziele, Uneinheitliche Ziele – einheitliche Modelle, Emergency Alert (nicht lektorierter Rohentwurf) (Last Update: 20.05.2019)
Sind die Strukturen im Management deutscher DAX-Konzerne noch geeignet, den Veränderungen der Wirtschaft zumindest zu entsprechen? Oder sogar sich an die Spitze von Veränderungsprozessen in ihren Branchen zu setzen? Wird den Aktionärsinteressen im Management entsprochen? Werden Arbeitsplätze, soweit das mikroökonomisch bedingt ist, gesichert und auf dieser Ebene auch ein Beitrag zur gesellschaftlichen Wohlfahrt geleistet?
Auf alle Fragen würden die Antworten der Aktivisten mit einem Wort zusammengefasst werden können: Nein! Hinter dieser Verneinung steht auch ein Aspekt, den die Aktivisten mit ihren Kampagnen, ob öffentlich oder diskret in den Gremien fokussieren: die persönliche Verantwortung des Managements. Bei den Aktivisten fokussiert dieser Aspekt die Verantwortung gegenüber den Eigentümern, weniger gegenüber einer Volkswirtschaft insgesamt, was ja auch ein Unsinn zu behaupten wäre, aber trotzdem allerorts von Politikern jeder coleur gemacht und kolportiert wird. Das Management trägt Verantwortung gegenüber seinen Eigentümern. Und muss sich demnach auch den Konsequenzen stellen, die mit dieser Verantwortung auf persönlicher Ebene betroffen sind.
Die Verantwortung gegenüber den Eigentümern – bei den von aktivistischen Investoren betreuten Fonds sind das überwiegend US-amerikanische Pensionsfonds und vermögende Privatkunden – hat eine ganze Reihe von Kriterien, an denen man verantwortliches Management erkennen und beurteilen kann. Das ist die Rendite und der quartals-orientierte Zeithorizont. Hier kommt ein Unterschied zum Tragen, nämlich die Orientierung deutscher und europäischer Manager am Steakholder-Prinzip und jener der Aktivisten, die sich konsequent dem Shareholder-Prinzip verpflichtet sehen1 .
Gleichwohl die Welt der Unternehmen sich nicht so leicht auf zwei Sichtweisen reduzieren lässt, betrachten wir trotzdem beide Sichtweisen in Hinblick auf ihre markantesten Unterschiede. Einer, wenn nicht der markanteste Unterschied dieser beiden Sichtweisen auf den Faktor Kapital eines Unternehmens liegt darin, dass bei der wertorientierten Unternehmensführung (Shareholder-Prinzip) die Corporate Governance ins Zentrum der Sichtweise gerät und sowohl den Vorstand wie den Aufsichtsrat (persönlich) adressiert.
Mit der Fokussierung auf den Shareholder Value löst sich die wertorientierte Unternehmensführung von bilanziellen Kennzahlen und stellt stattdessen die finanzwirtschaftlichen Interessen der Eigentümer in den Vordergrund. Die Arbeiten von Rappaport2 haben die Schwächen der traditionellen, buchhalterischen Gewinngrößen zur Ermittlung und Operationalisierung des monetären Erfolgszieles eines Unternehmens klar herausgestellt.
Den buchhalterischen Kenngrößen ist gemeinsam, dass sie auf periodisierten Vergangenheitsgrößen des Rechnungswesens aufbauen. Somit können diese Kenngrößen lediglich den in der Vergangenheit erwirtschafteten Erfolg messen. Eine Aussage über den in der Zukunft zu erwartenden Erfolg ist mit diesen Kennzahlen nur sehr eingeschränkt möglich.
Des Weiteren sind Kenngrößen des
Rechnungswesens vergleichsweise einfach durch bilanzpolitische
Maßnahmen zu manipulieren. In diesem Zusammenhang können
z.B. die Rückstellungsbildung, die Wahl der Abschreibungsmethode
oder die verschiedenen Verbrauchsfolgeverfahren zur Bewertung des
Materialeinsatzes im Produktionsprozess genannt werden.
Des
Weiteren existieren in der Buchhaltung zahlreiche
Aktivierungsverbote, welche zu einem verzerrten Bild der
tatsächlichen Unternehmenslage führen. Zukunftsträchtige
Investitionsprojekte (z.B. Forschungs- und Entwicklungsprojekte)
spiegeln sich somit nicht in der Vermögenslage des Unternehmens
wider.
Wird ergänzend hierzu das Management an traditionellen Kennzahlen gemessen und vergütet, so werden gegebenenfalls Erfolg versprechende Investitionen vor dem Hintergrund kurzfristiger bilanzieller Belastungen unterlassen. Dies ist einer der Hauptansatzpunkte der Kampagnen der Aktivisten, von denen man weiß, dass sie wie wandelnde Quartalsberichte bzw. Jahresabschlüsse durch die Unternehmen geistern. Wir halten fest, das Management hat bzw. hatte eine ganze Reihe an bilanztechnischen Dispositionen, die dem Stakeholder-Prinzip folgend, die Erfolge manipulativ sich selbst zuschreiben konnte, ohne die eigene Leistung bzw. den eigenen Anteil am Unternehmenserfolg entsprechend ausweisen zu müssen und besonders strategisch wichtige Innovationen als nicht unternehmensrelevant erscheinen lassen zu können.
Die Kritik an den traditionellen bilanziellen Kennzahlen begründet die Notwendigkeit einer Beschäftigung mit alternativen Messkriterien für den Unternehmenserfolg3 , die die finanzwirtschaftlichen Interessen der Eigentümer in den Vordergrund stellen. Das versammelt der Begriff des Shareholder Value, der den Wert einer Unternehmung für die Eigentümer zusammenfasst, ausgedrückt über den Marktwert des Eigenkapitals. Zur Ermittlung des Marktwertes des Eigenkapitals werden bestimmte Cashflow-Verfahren eingesetzt4 . Das DCF-Verfahren bildet die theoretische Grundlage des Shareholder-Value-Konzeptes von Rappaport. Insgesamt ermöglichen die verschiedenen DCF-Verfahren eine detailliertere Bewertung, an welchen Stellen, in welcher Höhe und mit welchen antizipierten „Verzinsungen“ die verschiedenen Kapitalien in einem Unternehmen eingesetzt worden sind. Mithin steckt in ihnen auch ein Hinweis auf die strategische Orientierung des Managements in Hinblick auf die Innovationsfähigkeit und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, die sich letztlich am Aktienwert des Unternehmens im Vergleich zum nationalen Index wie auch zu den internationalen Vergleichsindizes bemessen und bewerten lassen.
So geraten Management und Aufsicht in den
Blickwinkel betriebswirtschaftlicher Effizienz und Anleger von
Indexfonds wissen ihre Stimmen auf den Hauptversammlungen und im
Management-Alltag bestens vertreten. Kennt man den Aktionäre
allenfalls als eine schweigende Anzahl an Besuchern von
Hauptversammlung und als Last resp. Belästigung des Podiums bei
all zu vielen kritischen Nachfragen, so erheben z.Zt. etwa 700 Mrd.
Euro über die Aktivisten ihren Stimmen. Und Zielobjekte wie
Kritik gibt es zahlreich.
Mit der Globalisierung und einer überaus
starken und erfolgreichen, deutschen Exportindustrie galt es fast
schon als ein Affront, an deren Vorständen kritische Fragen
anzulegen, zumal es eine fast sichere Bank war, auf den DAX zu
setzen. Banken, Versicherungen, Chemie, Automobilwerte
repräsentierten knapp siebzig Prozent des deutschen
Auslandsanteils, zu dem sich eine starke, wachsende Präsenz in
den USA, globale Wertschöpfungsketten, rasant wachsende Märkte
in den Schwellenländern, einschließlich China, hinzu
gesellten. Der deutsche Aktienindex war Globalisierung in ihrer
profitabelsten Form; jedenfalls genoss man den Titel:
Exportweltmeister.
Das Jahr 2018 aber legte schon eine ganze Reihe
von Fingern an eine Reihe von Verletzungen im Index. Hätte ein
Investor vor nicht länger als drei Monaten dreißig Titel
im DAX und im Dow Jones gekauft, hätten die im DAX heute 6%
verloren und die im Dow zwei gewonnen; macht 8% Differenz in einem
Quartal. Auf Jahressicht sieht es nicht viel besser aus; da beträgt
die Differenz etwa 20%; für Investoren eine reine
Geldverschwendung. Und die ist kein Zufallsprodukt, sondern Ergebnis
katastrophalen Managements in verschieden Branchen und Unternehmen,
sowie dem, was eine Börse bzw. einen Index ausmacht: die
Erwartungen an eine Wirtschaft und den größten Unternehmen
auf der Zukunftsfähigkeit.
Hier hat der DAX eindeutig
verloren. Investoren trauen den exportstarken Unternehmen in der
Zukunft nicht mehr zu, ihr Wachstum aufrecht zu erhalten. Politisch
betrachtet, sind die fiskalischen Maßnahmen und die angedrohten
Handelssanktionen der US-Regierung ein Faktor, aber nur ein eher
kleinerer. Bei den Automobilwerten schlägt nun die Ignoranz der
deutschen Autobauer gegenüber modernen Antriebstechnologien
durch. Und auch der geringe Grad an Digitalisierung in den deutschen
Modellen spielt eine negative Rolle in der Wertbemessung der
Unternehmen. Im Vergleich mit Deutschland wächst die
US-Wirtschaft etwa doppelt so schnell, was den Index befördert.
Abgesehen von den durchaus vorhandenen, höchst erfolgreichen Unternehmen im DAX gibt es doch einige, die dadurch auffallen, dass ihre Vorstände notwendige Entscheidung zur Anpassung an die Marktentwicklungen nicht, zum falschen Zeitpunkt oder nur unzureichend getroffen haben; abgesehen von kompletten Falschentscheidungen. Sie sind es, die in Summe ihrer Marktkapitalisierungen den DAX nach „Süden“ ziehen.
Mit der Commerzbank und der Deutschen Bank stehen die beiden großen deutschen Privatbanken auf der Liste und deren Vorstände, die eine ganze Reihe an Fehlentscheidungen getroffen und enormen Aktienwertverlust zu verantworten haben. Gleichwohl sie an den Notenbankentscheidungen mit ihren Null-Zins Folgen nicht beteiligt waren, ihre Unterlassungen im Bereich IT allein schon lassen die Aussichten auch in besseren Zinszeiten als trübe erscheinen. Wer einmal in einer Deutschen Bank das Kundenterminal benutzt hat, weiß das.
Thyssen-Krupp haben wir bereits erwähnt. Dass das Management auf dem Höhepunkt des Stahlbooms zweistellige Milliardenbeträge in neue Stahlhütten in den USA versenkte, wird auf ewig deren Geheimnis bezüglich antizipierter Marktentwicklungen, die so sehr gegen jede Wirklichkeit und Vernunft gelaufen sind, und mit den Namen Heisinger und Lehner an der Spitze in Verbindung bleiben.
Die Automobilbrachen in toto ist ein kolossales Managementversagen und dabei stehen nicht einmal so sehr deren kriminelle Handlungen im Vordergrund. Die schon arrogante Ignoranz im Segment eMobilität über Jahrzehnte sowie der Grad an Digitalisierung, sowohl im Fahrzeugbetrieb wie im Verkauf und im Service sind ein Zeichen gesättigter Hirntätigkeit und sichtbar mit dem Namen Winterkorn verbunden, der als Vorstand von den wesentlichen Dingen in seinem Unternehmen entweder nicht gewusst haben will oder hat; beides eines Vorstandes unwürdig.
Mit über 300 Millionen Euro an Kosten hat die Post IT-Projekte versenkt wie Kinder, die das beliebte Pendant mit „Schiffen“ spielen. Schiffe versenken würde man der Post ja noch verzeihen, aber dass der in der Logistiksparte durchaus zu den Branchenriesen gehörige Konzern in der angestammten Briefsparte aber auch alle Anzeichen einer Transformation übersehen hat und dort nun die Gewinne aus der Logistik mit dem Kukuck aus den Briefgeschäften beklebt, ist einem Investor nicht zu vermitteln.
Bei all den Beispielen interessiert uns weniger das persönliche, unternehmerische ‚Skandalon‘ der einzelnen Entscheidungsträger. Wir fokussieren dagegen auf zwei Momente, die in allen Beispielen wesentlich enthalten sind: einmal auf die enge Verzahnung von Politik und Wirtschaft und auf den ausgebliebenen Strategiewechsel der Unternehmensleitungen und Aufsichten.
In der Stahlbranche hätte der Wechsel von den unrentablen Geschäftsbereichen und – modellen hin zum schnellen Ausbau des digitalen Anlagenbaus wie etwa bei den Aufzügen gelingen können. Die Diskussion um die sog. „Industrie 4.0“ kam viel zu spät in general (wir kommen darauf zurück).
Was aktivistische Investoren wie im Fall Thyssen-Krupp in der Sache fokussieren, ist zunächst einmal weder verwerflich noch unsinnig. Anteil von kursschwachen Unternehmen zu kaufen, bis man Einfluss auf Strategiewechsel bekommt, bis hin zum Wechsel von Vorständen und Aufsichtsräten, so die sich ohne überzeugende Argumente dagegen verweigern, ist bzw. sollte eher Alltag in Unternehmen sein; sicherlich und besser von innen her motiviert.
Dass dies wie bei Thyssen-Krupp keine Mehrheitsentscheidung war, sondern eine kleine Gruppe von Aktivisten hier in einer feindlichen Übernahme der Unternehmenskommunikation den Diskurs der schweigenden Aktionärsmehrheit geführt hat, in zukunftsträchtige, zukünftig rentable Geschäftsfelder zu investieren und so den Aktienwert des Kapitals zu sichern und zu einer vernünftigen, da wettbewerbsfähigen Rendite zu führen, ist in der Sache richtig, gleichwohl die Methoden der Aktivisten kaum zu den kulturellen Errungenschaften im Wirtschaftsleben gehören dürften.
Uneinheitliche Modelle – einheitliche Ziele
Nicht alle Aktivisten folgen dem gleichen Geschäftsmodell. Aber in den Zielen sind sich die Fonds alle einig. Vorausgeschickt sei an dieser Stelle auch eins, dass nämlich die aktivistischen Investoren nicht mit denen der Wall-Street verwechselt werden dürfen. Investmentbanker und Aktivisten sind nicht identisch. Aktivisten zielen auf erfolgreiche Unternehmen und messen den Erfolg an der Marktkapitalisierung und der Effizienz des Managements des Unternehmens. Für die Aktivisten zählen deshalb weniger bis gar nicht die Perspektiven des Stakeholder-Prinzips und also auch nicht die einer langfristigen Renditeoptimierung, weder in den fast festverzinsten Renditen der Unternehmensanleihen als Ausdruck der Wertsteigerung der Gesamtgesellschaft – was übrigens auch kaum in der Sache richtig ist, da die Zinswerte von Anleihen nicht selten ein reines „Marketinginstrument“ ist, um die Besitzer bei Laune zu halten und neue, passiv strukturierte Anleger anzulocken – oder anderer Mittel der Anleihen- und Aktienpflege, die die wahre Situation des Unternehmens kaum bis gar nicht widerspiegeln.
Die Unternehmensphilosophie der Aktivisten ist an
der kurzfristigen Entwicklung, der Wettbewerbssituation und am
technisch-technologischen Entwicklungsstand orientiert. Ihre
„Messgrundlage“ ist das Zahlenwerk börsennotierter
Gesellschaften, sonst nichts. Und dabei lesen sie besonders gerne
Bilanzen, die ungünstig im Vergleich ausfallen.
Dies ist dann
z.B. der Fall, wenn Unternehmen als Teile einer Gesamtgesellschaft
oder als Unternehmensbereiche unterbewertet sind. Dann rentieren
heute an den Kapitalmärkten eindeutig strategische Aufspaltungen
und Verkäufe von Unternehmenssegmenten bzw.
Tochtergesellschaften. Damit verbunden gehen meist die Neubesetzung
von leitenden Funktionen einher sowie Aktienrückkäufe und
natürlich auch höhere Ausschüttungen an die Fonds und
damit an die Eigentümer.
Ein weites und nicht ungefährliches Terrain sind die Unternehmensübernahmen und Fusionen, die die Aktivisten offensiv betreiben. Neue, im Wettbewerb besser aufgestellt Unternehmen, die durch gezielte Zukäufe oder Fusionen erreichbar sind, können die Aktivisten nicht uninteressiert lassen. Wir werden in einem anderen Zusammenhang aber noch auf diesen Punkt zurückkommen und uns genauer mit den sog. Schattenbanken beschäftigen und deren Beziehungen zu den Privatbanken, die all zu gerne wieder wie vor der Finanzkrise 2007/08 die riskanten Finanzierungen solcher M&A5 übernehmen.
Dass die von Aktivisten betreuten Fonds dabei nicht selten die Bekanntschaft von Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften machen, die sich Anteile am Übernahme- oder Kaufobjekt sichern, allein, um auf den meist einsetzenden Bieterwettbewerb und den damit verbundenen Angebotssteigerungen zu spekulieren, die zudem noch zu steigenden Aktienkursen der Übernahmekandidaten führen, dürfte den Aktivisten dabei nicht besonders lieb sein, ist aber kaum zu vermeiden.
Besser
sieht es da bei den Geschäften im Zusammenhang mit notleidenden
Staatsanleihen aus. Anleihen von pleitebedrohten Staaten sind für
Aktivisten ein viel versprechendes Tätigkeitsfeld. Sie werden
von ihnen zu Kursen deutlich unterhalb des Nennwerts gekauft und nach
einer gewissen Zeit und weiteren Kursverfällen versuchen die
Investoren, mit politischem und juristischem Druck eine Rückzahlung
zum vollen Nennwert zu erreichen.
In diesen Fällen sehen wir
also die Aktivisten in der Auseinandersetzung mit Regierungen bzw.
deren Institutionen, die über Staatsanleihen ihre aufgeblähten,
oft korrupten Haushalte auf „illegitime“ Art und Weise zu
finanzieren versuchen. Denn weil die Aktivisten wissen, dass selbst
diese bereits niedrigen Nennwerte der Anleihen immer noch zu hoch
bewertet sind, können sie auf fallende Kurse noch erfolgreich
wetten.
Die Mittel, die die Fonds auch in diesen Fällen einsetzen, um an die Rückzahlungen für die Anleihenkäufe der Fonds kommen, sind mitunter in der Tat nicht sonderlich zimperlich. Aber sind Staaten in der Wahl ihrer Mittel, mit denen sie ihre Volkswirtschaften, ihre Bürger und all jene, die den Staaten und Regierungen Geld zu Verfügung stellen, weniger zimperlich? Was Argentinien, Brasilien, Venezuela, die Türkei u.a. dabei an unlauteren Mitteln an den Finanzmärkten und weit darüber hinaus sich in der Wirtschafts- und Finanzpolitik ausdenken, darf ruhig mit kriminellen Methoden verglichen werden.
Ein weiteres Geschäftsmodell der aktivistischen Investoren und zugleich das zugleich unpersönlichste und aggressivste sind die sog. Leerverkäufe. Um Einfluss auf die Unternehmen zu bekommen, kaufen Fonds deren Aktien zu einem bestimmten Kurs mit geliehenem Geld, das meistens von sog. Schattenbanken ausgereicht wird, also Geldinstituten, die nicht von den üblichen Kontrollmechanismen der Finanzbranche überwacht werden. Und hier liegt das eigentliche Risiko auf den internationalen Finanzmärkten, vergleicht man nur zwei Zahlen miteinander. Verfügen zur Zeit alle aktivistischen Fonds über Finanzmittel in Höhe von etw 700 Mrd. Euro, so werden auf den Märkten, wo diese Schattenbanken tätig sind, allein 1 Billion Euro pro Tag gehandelt; ein gigantischer Prozentsatz von über 500% täglich, gemessen an den jährlichen Finanzmitteln der Aktivisten.
Natürlich ist das eine problematische Rechnung, die aber lediglich verdeutlichen soll, dass man weder die Blickrichtung allein auf die Anzahl der Aktivisten, noch auf deren Finanzaktiva isoliert richten sollten, das ein „Vielfaches“ beträgt und das niemand so recht zu beziffern und schon gar nicht zu kontrollieren weiß.
Damit der „Rückkauf dann zu einem besseren Ergebnis als der „Einkauf“ führt, unternehmen Aktivisten alles, um mit Studien und Kampagnen die Märkte von der Schwäche des angegriffenen Unternehmens – so läuft in etwa auch der Prozess bei den o.g. Staatsanleihen – zu überzeugen, dass der Kursverfall der Aktien in Gang gesetzt wird. Im Ergebnis rentiert sich das für die Aktivisten, als sie einen Wertgewinn verzeichnen, den sie dann mit einem höheren Anteil an Aktien in ihrem Portfolio umsetzen und so ihren Einfluss auf die Corporate Governance deutlich vergrößern können.
Diese teils hässlichen Methoden, so muss man
festhalten, haben sich in den USA, wo sie entwickelt und angewendet
wurden, am Markt bewährt. Unternehmen dort müssen viel
schneller und flexibler und stets am Markt orientiert handeln, um
nicht in das Blickfeld der Aktivisten zu geraten. Denn alle diese
Methoden auf den Finanzmärkten und den Medien laufen ins Leere,
wenn Unternehmen an den Börsen erfolgreich sind, also deren
Wertentwicklung im (statistischen) Durchschnitt des Index sich
berechnet.
Wir werden am Beispiel der Aktivisten daran erinnert,
dass die Marktkapitalisierung eines Unternehmens nicht dasselbe ist
wie dessen Aktienwert.
Uneinheitliche Ziele – einheitliche Modelle
Wir nähern uns im Zusammenhang mit den aktivistischen Investoren
einer zentralen Frage der Ökonomik: Sind deren Aktivitäten
ein Zeichen einer instabilen Volkswirtschaft oder Einzelfälle
einer zu wenig regulierten, egoistischen „Heuschreckenmentalität“?
Mit Mentalitäten kann man in diesem Kontext wenig anfangen. Die
anschließende Frage deshalb ist, was sagt die Differenz
zwischen Marktkapitalisierung und Aktienwert eines Unternehmens aus?
Wir haben eben gesehen, dass der fundamentale Aktienwert nicht
identisch sein muss mit dessen Marktkapitalisierung; ganz im
Gegenteil.
Die Marktkapitalisierung spiegelt den aktuellen
Börsenwert einer börsennotierten Firma wieder und
unterliegt ständigen Veränderungen. Sie beschreibt, wie
hoch der Kapitalmarkt zu einem gegebenen Zeitpunkt das Unternehmen
bewertet. Dazu werden die im Umlauf befindlichen Aktien mit dem
Aktienkurs multipliziert. Wenn also jemand vor hätte, ein
Unternehmen zu kaufen bzw. die Mehrheit auf die unternehmerischen
Entscheidungsprozesse zu übernehmen, dann zeigt die
Marktkapitalisierung an, welche Summe ein Anleger zu einem bestimmten
Zeitpunkt aufbringen müsste, um das Unternehmen zu erwerben bzw.
Unternehmensentscheidungen zu beeinflussen.
So ergibt sich aus dem Wert an den Finanzmärkten eine ideele Aufwertung der Unternehmen, die die Zukunftsaussichten der Unternehmen gegenüber den tatsächlichen Wertgrößen des Unternehmens vorstellen. Diese Vorstellungen sind teils extreme Spreizungen beider Werte. Je höher das Unternehmen am Kapitalmarkt bemessen wird, als desto krisensicherer wird es vorgestellt und zieht vermehrt Investoren an, wodurch die Liquidität der Aktien steigt. Damit steigt auch das tägliche Handelsvolumen der Aktien und so geraten sie in den Fokus privater und besonders institutioneller Anleger.
Hélène Grimaud spielt Bach Prélude nº2 in C minor
(Quelle Youtube)
Fonds und ETFs6
kaufen darauf hin verstärkt diese Aktien, was wiederum die
Liquidität stärkt und die Spreizung zwischen fundamentalen
und ideelen Aktienwerten vergrößert. Hohe Liquidität
wiederum bedeutet eine bessere Handelssituation, die weniger Risiken
beim Kauf von Aktien verspricht, da liquide Aktien immer schnell und
kostengünstig veräußert werden können.
Schlussendlich
richtet sich der Blick der Investoren vermehrt auf die Indizes, den
DAX, Dow.Jones, Euro-Stoxx etc., die die Zugehörigkeit von
Unternehmen an deren Marktkapitalisierung mittlerweile ausschließlich
abbilden; eine andere Bemessungs- und Bewertungsgrundlage für
Indizees gibt es im Bereich Aktien, Anleihen und Derivate nicht
mehr7 .
Wir sehen hier in die Anfänge eines monetären
Kreislaufes, in eine Frühphase der sog. Blasenbildung.
Blasenbildung hat stets einen Moment der Manipulation, also einer
Marktbeeinflussung, die nicht über Angebot und Nachfrage, nicht
über geldpolitische, konjunkturpolitische und fiskalische
Beeinflussung entsteht bzw. durch solche Faktoren grundsätzlich
beeinflusst sein muss.
Diese Art der Kapitalmarkt-Manipulation
begann so richtig im Jahr 2008 sich durch zu setzen, aber bereits in
den früher 90er Jahren erlebten die Deutsche Börse,
Rheinmetall oder der Satellitenhersteller OHB bereits den Einfluss
der Aktivisten, der nach 2008 dann steil anstieg.
Die Marktbeeinflussung durch die Notenbanken, vor allem durch die Fed, führte zu stark sinkenden Zinsen und damit zu einer enormen Verunsicherung auf der Seite der liquiden, privaten Vermögen. Vermögensverluste bzw. sinkende Vermögenswerte waren die Folge und die großen „Verwalter“ solcher Vermögenswerte, allen voran die Pensionskassen, Versicherungen, Stiftungen und Family Offices, deren „Eigentümer“ solcher liquider Finanzmittel nicht selbst am Markt tätig sind, sondern die ihre Gelder durch die Aktivisten in den Investmentkreislauf bringen lassen, wurden nervös.
Fonds, die aktiv
den Markt bearbeiten und börsennotierte Unternehmen screenen,
die gegenüber ihren Konkurrenten anscheinend keinen
Wettbewerbsnachteil sondern eine Führungsschwäche
ausweisen, kamen zu dieser Zeit in dieser Situation gerade recht.
Zahlreich Erfolgsstories können von den Aktivisten berichtet
werden, einige weniger erfolgreiche natürlich auch. So konnte
z.B. der Kurs der Stad Aktie in kurzer Zeit nach 2016 im 200%
gesteigert werden, wobei der Investor AOC (Active Ownership Capital)
mit nur etwas mehr als fünf Prozenz der Aktienanteile erst den
Vorstandschef aus dem Amt drängte und kurz danach einen eigenen
Kandidaten für den Aufsichtsrat durchsetzte.
Ziel der Aktion
war, den Anteil der vinkulierten Aktien8
des Unternehmens drastisch zurückzufahren, um eine Übernahmen,
in diesem Fall durch die Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven zu
ermöglichen.
Der Stada-Fall verdeutlicht, dass Unternehmenswerte wenig bis nichts mehr mit den Prinzipien eines fundamentalen Wertmanagements und somit einem Handeln nach dem Steakholder-Prinzip zu tun haben. Sogar die Aktivisten von den Finanzinvestoren Bain Capital und Cinven mussten erfahren, dass ihnen Paul Singer mit seinem Fonds Elliott noch in die Parade grätschte und eine höhere Abfindung für die Alt-Stada-Aktionäre durchsetzte und ihnen wie seinem Fond noch zusätzliche Gewinne abpresste.
Zu den Methoden der Aktivisten kommt noch ein weiterer, marktentscheidender Aspekt. Der in New York City ansässige Fonds Elliott verfügt über lediglich 35 Mrd. US-Dollar an Kapital; für einen Fond viel Geld, am Markt verschwindend gering. Aber effektiv eingesetzt kann ein Fond damit viel erreichen und schafft es, wie im Falle von Elliott, auch schon mal 5 Mrd. US-Dollar an frischem Anlegerkapital binnen eines Tage ein zu werben; das ist erheblich. Und für die Unternehmen, die in deren Fokus geraten, schlicht unkalkulierbar.
Und, die Aktivisten wissen genau, wann und wo sie die besten Chancen haben, zumal, wenn sie vereint mit anderen Großinvestoren und Aktionären wie Index- oder Pensionsfonds auftreten.
Emergency Alert
Die These, dass Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten und in der Folge davon auch in den mikroökonomischen Kontexten nicht wesentlich durch die Marktwirtschaft, sondern durch ein US-Dollar-basiertes, weltweites Währungssystem mindestens mit-verursacht sind, dürfte natürlich nicht unwidersprochen bleiben, zumal nicht in Amerika. Aber wie dem auch sei, wir folgen dieser These noch ein Stück weit, auch um herauszufinden, ob sich aus ihr nicht auch ein anderer, neuer Begriff der Krise, der Krise der Marktwirtschaft in differenzierterer Fortschreibung der Krise des Kapitalismus, daraus entwickeln läßt.
Es spricht schon einiges dafür, dass die USA politisch den US-Dollar als eine Art Waffe einsetzen, die effektiver und vor allem kontinuierlich effektiver zu sein scheint, als das ganze Uran-strotzende, militärische Waffenarsenal der US-Streitkräft; ohne damit gleich dessen – wie auch jedes anderen Waffenarsenals – perverse Wirklichkeit zu relativieren.
Wie sich in diesem Jahr, dem zweiten nach Trumps Antritt als US-Präsident, zeigt, ist die finanzielle Verpflechtung Europas aber auch aller anderen Handelspartner der USA zu einer Achillesferse ihrer politischen Autonomie geworden; Mexiko und Kanada, aber auch China und Deutschland begreifen, dass sie ihre finanzpolitische Souveränität weitgehend verloren haben, ohne die eine politische nur schwer aufrecht zu erhalten scheint; genau genommen, haben sie die finanzpolitische Souveränität nach dem Zweiten Weltkrieg nie wirklich besessen.
Dass die USA das Abkommen mit dem Iran
aufgekündigt haben und Teheran unter einen wirtschaftlichen Bann
setzen, hat nicht nur gezeigt, mit welchen Mittel die USA operieren,
sondern auch wie weit diese Mittel in die politische Autonomie der
Europäer reichen. Und der Dollar ist dabei die effektivste Waffe
im Streit und im Machtkampf mit dem Mullah-Regime9 .
Wir
erleben aktuell, wie Europa versucht, am Abkommen mit Teheran und der
damit verbundenen Auflösung der Wirtschaftssanktionen
festzuhalten. Die USA drohen mit Sanktionen für alle Regierungen
und Unternehmen, die sich nicht an der bislang nirgends legitimierten
Regierungspolitik der USA zu beteiligen beabsichtigen.
Die Aufrechterhaltung von wirtschaftlichen Beziehungen und Geschäftstätigkeiten mit dem Iran ist aber den Europäern so einfach nicht möglich. Um Geschäfte durchzuführen bedarf es eines funktionierenden Banken- und Finanz-Transfersystems, also von Zahlungskanälen, die Transparenz und Verlässlichkeit sowie weitere operationale Elemente im internationalen Zahlungsverkehr sichern. Das sind im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Risiken, die sich dadurch allein schon ergeben, dass die verschiedenen Handelspartner räumlich und voneinander getrennt sind, d.h. speziell verschiedenen Währungsräumen angehören, generell die informellen Prozesse und die unterschiedlichen Voraussetzungen im Streitfall.
Dabei gibt es jeweils im besonderen Fall wie bei einem Inlandsgeschäft auch in Auslandsgeschäften die Risiken, dass ein Käufer die Ware eines Verkäufers nicht abnimmt, also das Fabrikationsrisiko, nicht bezahlen kann, das Bonitätsrisiko, oder dass die Ware eines Verkäufers während des Transportes beschädigt wird i.S. des Transportrisikos oder verspätet im Ausland ankommt, das Erfüllungsrisiko. Durch die Distanz und die kulturellen wie rechtlichen Unterschiede, die sich bei einem Handel ins Ausland ergeben, erhöhen sich die genannte Risikofaktoren dementsprechend.
Sofern Geschäfte wie die zwischen Europa und dem Iran die Grenzen der EWWU2 überschreiten, ist es wichtig, dass sich die Handelspartner auf eine gemeinsame Währung einigen, mit der das Geschäft abgewickelt werden kann. Denn für die Vertragspartner, die nicht in einer stabilen Währung bezahlen bzw. bezahlt werden, besteht ein erhebliches Kursrisiko, also das Risiko von Kursschwankungen der fremden Währung.
So hat es sich als vorteilhaft erwiesen, die Währung eines Drittlandes heran zu ziehen, die eine hohe Stabilität wie dem US-Dollar ausweist. In diesem Fall besteht das Kursrisiko für beide Parteien strukturell gleich. Nun hat aber das Dekret des US-Präsidenten eine ganze Reihe politischer Risiken ind die wirtschaftlichen Risiken eingeschrieben. Mit diesem Dekeret verbunden sind ein implizites Konvertierungsverbot, dass also die Währung eines Landes wie hier in diesem Falle der Iran nicht in eine andere, z. B. dem Euro oder Dollar umgetauscht werden darf. Ein Transferverbot, dass mithin der iranische Rial nicht ins Ausland übertragen werden darf, sowie ein Zahlungsverbot in Verbindung mit einem Moratorium, dass also Zahlungen aus staatlicher Seite verboten werden oder wie im Falle der USA-Iran-Sanktionen einseitig von den USA beschlossener zeitlich befristeter Zahlungsstopp, der – neben vielen anderen Elementen im internationalen Zahlungsverkehr vor allem die für die Geschäftsabwicklung so elementaren Zins- und/oder Tilgungszahlungen eines Schuldners gegenüber seinem Gläubiger, hier zwischen dem Iran und der EU betrifft.
Europa plant im aktuellen Fall die Gründung
einer Zweckgesellschaft, die zumindest einen Teil des Irangeschäfts
abwickeln soll, ohne dass die Handelspartner mit dem amerikanischen
Finanzsystem in Berührung kommen und kämpft darüber
hinaus mit dieser Idee um seine finanzpolitische Souveränität.
Das muss man nebenbei bedenken, wenn die Diskussion um Euro-Bonds
heute lediglich auf die Frage der Schuldenvergemeinschaftung im
Euro-Raum verengt wird.
Mit der Gründung einer solchen
Zweckgemeinschaft ist also viel mehr als die Abwicklung der
Irangeschäfte ohne amerikanische Einmischung beabsichtigt. War
nach dem Zweiten Weltkrieg der Dollar als Leitwährung
unverzichtbar und der wirtschaftliche Wohlstand der USA Grundlage der
meisten Handelsbeziehungen weltweit, so haben sich dies Grundlagen
verschoben.
Obwohl die USA nur etwa 20 Prozent des globalen
Wohlstands erwirtschaften, wird mehr als die Hälfte aller
Handelsgeschäfte in Dollar abgewickelt. Auch Rohstoffimporte und
da vor allem die Erdöllieferungen in die EU und weltweit werden
in US-Dollar abgerechnet.
Diese Währungs-Dominanz ist das Fundament der amerikanischen Sanktionsmacht, die nach der Wirtschaftsbeziehung zwischen Europa und dem Iran schnell auch andere Bereiche des weltweiten Handels und der globalen Wirtschaftsbeziehungen betreffen können. Mit der Zweckgesellschaft geht Europa also nicht allein dem Irangeschäft entgegen, sondern entfernt sich vom Dollar als Leitwährung.
Bei den im weltweiten Handel so wichtigen
Rohstoffen, vor allem beim Erdöl sind die wichtigsten
Lieferanten Russland, Norwegen, Irak und Kasachstan mit denen man
nicht zwingend auf Dollar-Basis handeln müsste und mit denen
über eine Euro-Umstellung gesprochen wird. Russland und China
haben bereits längst das
Vertrauen in den Dollar verloren und
in bilateralen Verträgen beschlossen, die Abwicklung von
Geschäften untereinander stärker in den Landeswährungen
Rubel und Remnimbi abzurechnen.
Mit dem Iran und der Türkei strebt Russland aktuell ähnliche Vereinbarungen an und hat darüber hinaus vorgeschlagen, eigene Clearingsysteme in Russland zu schaffen. Dort könnten dann auch Euro-Bonds platziert werden, die bisher immer noch über das Brüsseler Clearinghaus Euroclear laufen und daher in Dollar abgerechnet werden, was die EU aber mit durchaus gemischten Gefühlen sieht und an einer EU-Lösung festhält.
Dass der Dollar weltweit als Handels- und Reservewährung eingesetzt wird, verleiht den USA ein „exorbitantes Privileg“, wie es 1965 der damalige französische Finanzminister Valéry Giscard d’Estaing formulierte. US-Regierungen waren sich stets bewusst, dass aus dem exorbitanten Privileg eine besondere Verantwortung für die Stabilität der Finanzmärkte erwächst, die auch heute weder Europa noch Russland oder China einzeln zu ersetzen vermögen. Gemeinsam mit etwa Indien und Teilen Afrikas sieht das allerdings schon anders aus.
Auf der Grundlage des Dollars als Leitwährung haben die USA das Instrumentarium der Wirtschaftssanktionen in den letzten Jahrzehnten immer stärker weiterentwickelt, schreckten aber in vielen Fällen davor zurück, die Handelsstrafen unilateral zu verhängen. Unter Präsident Donald Trump haben die USA diese Zurückhaltung fallen lassen. Handelssanktionen gegenüber westlichen Wirtschaftspartnern sind ein Aspekt der neuen Ausprägung der Globalisierung, ein weiterer sind die militärischen Optionen der USA als Schutzmacht des Westens.
Die militärische Dominanz der USA, die auch die Mittel der Nato finanziell bestimmte, steht mittlerweile auch auf brüchigem Boden, nicht nur, weil die USA eine größere finanzielle, materielle und personelle Beteiligung der westlichen Welt fordert. Dieser Zusammenhang zwischen militärischer und Dollar-Dominanz wird oft übersehen, ist aber zu offensichtlich geworden seit Trumps Erscheinen auf dr weltpolitischen Bühne.
Der Westen hat den USA dieses exorbitante Privileg eingeräumt, im Vergleich zu allen anderen westlichen Ökonomien drei- bis viermal so hohe Schuldenstände zu erlauben und damit verbunden einen enorm hohen Lebensstandart seiner Bürger zu garantieren, weit oberhalb der Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Landes ohne Leitwährung. Dabei hat der Westen mit den USA wenig darauf gegeben, was das für Schwellenländer und Emerging Markets bedeutet.
Nun wird das Dollar-Privileg in Frage gestellt. Die USA garantieren nicht mehr die Stabilität der Finanzmärkte, wie dies spätestens seit der Finanzkrise 2007/08 deutlich wurde. Sie kündigen einseitig Verträge wie mit dem Iran und Nafta, TTIP etc. Und sie grefen an die Grundlagen ders nord-atlantischen Verteidigungsbündnisses sowie in die inner-europäischen Angelegenheit wie etwa das milliardenschwere Pipeline-Projekt North Stream 2, das zu verhindern es die Amerikaner vor allem deshalb abgesehen haben, um eigenes Erdgas nach Europa zu verkaufen.
Gemeinsam mit Russland und China will die EU noch im Jahr 2018 die Zeckgesellschaft nicht nur als eine Zahlungsplattform einrichten, sonder mit einer Banklizenz ausstatten, um alle Arten von Geschäften mit internationalem Zahlungsverkehr darüber abwickeln zu können. So sind dann auch Exportkredite für Irangeschäfte möglich, ohne dass die USA über ihre Banken davon detaillierte Kenntnisse gewinnen und Zahlungsströme blockieren bzw. beteiligte Banken sanktionieren könnten.
Die USA reagieren bereits überdurchschnittlich
gereizt darauf, stellen Schritte zu mehr finanz-politischer und
militärischer Autonomie bereits unter harsche Kritik und
Drohungen; verständlich, bildet doch der Verschuldungsstand der
USA ohne den Dollar als Leitwährung eine echte Gefahr.
Mit
einer banklizensierten Zweckgesellschaft aber hat Europa beileibe
noch nicht den Dollar als Leitwährung ersetzt. Wenn der Euro als
eine Art „zweiter Leitwährung“ aufgebaut werden
soll, bedarf es einer Reihe weiterer Maßnahmen, deren Erfolg
beim derzeitigen Zustand der EU aber auch nicht garantiert ist.
Vor etwa zehn Jahren war der Euro auf dem Weg, eine gleichwertige Weltwährung zu werden, schon einmal etwas weiter. Die Euro-Krisen der vergangenen Jahre haben aber am Vertrauen zum Euro schwer gezehrt. Kurzfristig ist es, auch angesichts des ungelösten Schuldenstreits in Italien, der möglichen Eskalation im Handelskonflikt zwischen den USA und China und möglichwerweise auch zu Volkswirtschaften im Euro-Raum sowie der prekären Lage in einigen Schwellenländern, die einen Rückschlag am Bondsmarkt auslösen könnten, schwierig, den Euro kurzfristig zur Leitwährung aufzubauen; à la longue aber wird nichts anderes übrig bleiben. Denn dass der Dollar sich als Leitwährung unverzichtbar gemacht hätte, ist nicht eingetreten. Und die mit dem Dollar als Leitwährung verbundenen politischen Optionen verlieren an Bedeutung und in der Folge davon auch die wirtschaftlichen Implikationen in einer wirtschaftlich vernetzten Welt.
Anmerkungen:
1 Konzept,
nach dem die Unternehmensführung nicht nur die Interessen der
Anteilseigner (Shareholder), sondern aller Anspruchsgruppen, ohne
deren Unterstützung das Unternehmen nicht überlebensfähig
wäre, zu berücksichtigen hat. Die Gruppe der Stakeholder
ist folglich sehr heterogen und umfasst z.B. die Arbeitnehmer,
Kunden und Lieferanten, den Staat und die Öffentlichkeit.
Der
Stakeholder-Ansatz baut auf der Koalitionstheorie der Unternehmung
auf. Die Unternehmung wird als Organisation betrachtet, in der
verschiedene Interessengruppen (Stakeholder) zusammengeschlossen
sind. Aufgabe der Unternehmensleitung ist es, zwischen den
unterschiedlichen Gruppen zu vermitteln, um einerseits die
Kooperation im Rahmen der unternehmerischen Leistungserstellung zu
sichern und andererseits Kompromisse hinsichtlich der Verteilung des
erwirtschafteten Unternehmenserfolgs auszuarbeiten. (Vgl. Gabler)
2 Rappaport, Alfred: Shareholder Value. Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart 1999
3 Vgl.
SCHMID-GROTJOHANN,WOLFGANG (2001):Wertorientiertes Management - Ein
Vergleich von Shareholder Value und Economic Value Added, in:
Controller Magazin, 26. Jg. (2001), S. 380-383 und
PAPE, ULRICH
(2004): Wertorientierte Unternehmensführung und Controlling,
Bd. 6, 3., überarb. Auflage, Berlin 2004, Schriftenreihe
Controlling, hrsg. von Prof. Dr. Klaus Serfling, Technische
Universität Berlin, S. 37
4 Man
unterscheidet prinzipiell zwei verschiedene DCF-Verfahren ( DCF =
Discounted-Cashflow-Verfahren)
Mit Hilfe des Equity-Verfahrens
wird der Marktwert des Eigenkapitals direkt ermittelt. Die
zukünftigen Zahlungsströme an die Eigenkapitalgeber werden
mit dem Eigenkapitalkostensatz auf den heutigen Zeitpunkt
diskontiert. Zur Berechnung der Eigenkapitalkosten existieren in
Theorie und Praxis verschiedene Verfahren. Häufig wird jedoch
auf das kapitalmarkttheoretische Capital Asset Pricing Model (CAPM)
zurückgegriffen.
Im Entity-Verfahren wird
der Marktwert den Eigenkapitals indirekt bestimmt. Zunächst
wird der Marktwert des Gesamtunternehmens durch Diskontierung der
Zahlungsströme an alle Kapitalgeber (Eigen- und
Fremdkapitalgeber) mit Hilfe eines gewichteten Kapitalkostensatzes
ermittelt. Von dem Marktwert des Gesamtunternehmens ist dann der
Marktwert des Fremdkapitals zu subtrahieren, welcher sich aus den
mit dem Fremdkapitalkostensatz diskontierten Zinszahlungen ergibt.
5 Mit
dem Begriff wird i.d.R. eine Fusion oder eine Verschmelzung zweier
Unternehmen zu einer rechtlichen und wirtschaftlichen Einheit
(Merger) bzw. der Erwerb von Unternehmenseinheiten oder eines ganzen
Unternehmens (Acquisition) bezeichnet. M&A steht für alle
Vorgänge im Zusammenhang mit der Übertragung und Belastung
von Eigentumsrechten an Unternehmen einschließlich der
Konzernbildung, der Umstrukturierung von Konzernen, der
Verschmelzung und Umwandlung im Rechtssinne, dem Squeeze Out, der
Finanzierung des Unternehmenserwerbs, der Gründung von
Gemeinschaftsunternehmen sowie der Übernahme von
Unternehmen.
Während bei einem Merger die Aktiva der
beteiligten Unternehmen zusammengelegt werden und entweder als
eigenständige Organisationseinheit innerhalb des Verbundes
fortbestehen oder in einer neu geschaffenen Einheit aufgehen können,
erfolgt bei einer (Mehrheits-)Akquisition i.d.R. die Eingliederung
der Aktiva des Zielunternehmens (target) in das Käuferunternehmen
(acquirer, bidder). Grundlage einer solchen Transaktion bildet immer
der Übergang von Eigentumsrechten an einem Unternehmen und
damit die Übertragung von aktiv wahrgenommenen Leitungs- und
Kontrollrechten. Die Akquisition der Eigentumsrechte erfolgt dabei
entweder direkt über den Kauf von Stimmrechtsanteilen (Share
Deal) oder in Form eines Asset Deals durch den Erwerb aller
vorhandener Aktiva und Verbindlichkeiten gegen Bargeld (cash offer),
im Austausch für Aktien des Käufers (stock swap) bzw.
anderer Wertpapiere oder als Mischform dieser beiden Zahlungsweisen.
Gesetzlich geregelt werden M&A-Transaktionen allgemein durch
Bestimmungen zu Unternehmensübernahmen. Einzelne Regelungen
finden sich im Kapitalmarktrecht – insbesondere im WpHG –
und im Außenwirtschaftsgesetz, im Kartell- und Steuerrecht
sowie seit dem 1.1.2002 v.a. im Wertpapiererwerbs- und
Übernahmegesetz (WpÜG).
6 Ein börsengehandelter Fonds (englisch exchange-traded fund, ETF) ist ein Investmentfonds, der an einer Börse gehandelt wird. Er wird im Normalfall nicht über die emittierende Investmentgesellschaft, sondern über die Börse am Sekundärmarkt erworben und veräußert.
7 So finden sich z. B. im deutschen Leitindex DAX die 30 größten Unternehmen, gemessen an deren Marktkapitalisierung.
8 Aktie, deren Übertragung bei entsprechender Bestimmung der Satzung von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig ist. Vinkulierte Aktien müssen immer Namensaktien sein (§ 68 AktG); sie werden deshalb auch als vinkulierte Namensaktien bezeichnet. Nicht vollständig einbezahlte Aktien müssen vinkuliert sein.Vinkulierte Aktien sind seit der Einführung elektronischer Girosammelverwahrungssysteme nicht schwieriger handelbar als Inhaberaktien. Durch vinkulierte Aktien besitzt die Gesellschaft die Möglichkeit, unerwünschte Aktionäre fernzuhalten.
9 Wir diskutieren an dieser Stelle nicht die Frage nach der Berechtigung oder Unrechtmäßigkeit der Politik der US-Administration, sondern allein finanz-politische Fragen und Zusammenhänge.
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