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Der Zins

Franz Rieder • Der immaterielle Wert des Eigentums, Eigentum und Marktwirtschaft, Eigentum und Volkswirtschaft       (nicht lektorierter Rohentwurf)   (Last Update: 26.05.2019)

Gesellschaften oder Staatsformen, die kein Privateigentum kennen, kennen auch keinen Zins. Es gibt heute davon nur noch wenige.
Wir haben uns die Gleichung: Mehr Güter gleich mehr Wohlstand etwas genauer angeschaut und dabei festgestellt, dass Wohlstand nicht ganz aufgeht in der rechnerischen Verteilung des BIP auf die Köpfe einer Volkswirtschaft. Wir haben uns die These angesehen, die behauptet, Wohlstand ist eine Gleichung, bei der der Referenzzins eine gewichtige Rolle spielt, insofern seine Auf- und Abwertung maßgeblich ist für die Bekämpfung von Inflation bzw. Deflation und ein wichtiger Indikator für die realen Zinsen. Dabei sahen wir, dass eine direkte Linie zwischen Zinsen und Preisen zu ziehen, zunehmend schwieriger zu werden scheint. Wir haben das ideologisch schwer belastete Thema Kapitalverzinsung und Arbeit versucht, etwas heller zu beleuchten und auch hier keine Kausalbeziehung erkennen können.

Was wir stets antrafen, ist ein Zins. Und dieser Zins in allen seinen höchst differenzierten Formen, scheint konstitutiv zu sein, also wirksam auf die Bereiche der Finanz- und Realwirtschaft so
wie der Politik, die mit den jeweiligen Zinsformen in Verbindung stehen. Was wir nie antrafen, war eine befriedigende Erklärung, nicht einmal klare Beschreibungen zum eigentlichen Sachverhalt. Der Zins scheint ein Geisterwesen zu führen. Überall taucht er auf, überall erschreckt er die Menschen. Die privaten, aber auch die in den staatlichen Institutionen und der Wirtschaft tätigen.

Studenten der Ökonomik lernen, dass der Zins, insofern er mit Geld zu tun hat, in den monetären Zinstheorien studiert werden muss. Das entmutigt vorab den Eindruck, dass es dort um die Frage: was ist ein Zins? geht, sondern lediglich um seine Erscheinungsformen, die in wissenschaftlichen Einzelansätzen erklärt werden. In der Abstinenztheorie, der Agiotheorie, der Loanable Funds Theory und der Wartetheorie; gewiss gibt es einige mehr, aber erscheint unwesentlich.

In unserer Beschäftigung mit den Wirtschaftskrisen, sei es mit der annoncierten in der Kritik der politischen Ökonomie, die unter dem Ansatz des tendenziellen Falls der Profitrate imponiert, oder mit den modernen Ansätzen des Keynesianismus und des Monetarismus nebst ihren Ablegern haben wir implizite einen Ansatz verfolgt, der von einem alten griechischen Begriff ausgeht, dem des Eigentums. Dabei haben wir besonderen Wert darauf gelegt, dass Eigentum in den modernen Industriegesellschaften als Privateigentum zu verstehen ist. Und wir sind dabei bis an den Rand einer neuen Sichtweise auf die Marktwirtschaft gelangt, diese aus einer Perspektive des Privateigentums zu betrachten. Das wollen wir nun eingehender und differenzierter bewerkstelligen.

Nun könnte man meinen, die Sache mit dem Privateigentum wäre ja schon erledigt, handeln doch die klassische politische Ökonomie ausführlich und die Kritik von Karl Marx im speziellen davon. Beide, von Smith bis Marx handeln vom Privateigentum, insofern sie eine Position oder eine Dialektik von Herrschaftsbeziehung des Privateigentümers als Besitzer fokussieren. Wir alle wissen aus unseren Mietverhältnissen, dass Eigentum und Besitz einer Immobile zwei unterschiedliche Sachverhalte sind. Und auch ein geleaster Carpark, eine kreditfinanzierte Produktionsstraße sind noch lange kein Eigentum an Produktionsmitteln.

Was also bei beiden, Smith und Marx nicht wirklich zu Worte kommt, ist die konstitutive Eigenschaft des Privateigentums für die Marktwirtschaft. Vernachlässigt man das Privateigentum als Grundlage des Wirtschaftens in der Ökonomik, dann verbleibt die Perspektive, sei sie beschreibend oder kritisch hinterfragend innerhalb des Sachverhaltes einer Tauschwirtschaft. Alle Theorien, die ihren Kern im Feld des Warentausches finden, fokussieren natürlicherweise innerhalb ihrer Tauschtheorien auf die Analyse der Herstellung von Gütern und deren marktspezifischen Wertstellungen. Darin sind die Güter letztlich objektive Arbeitswerte und Tauschwerte zugleich. Arbeitswerte, weil sie durch Arbeit geschaffen wurden, einst mehr durch menschliche, heute mehr durch maschinelle Arbeit, was aber keine wirklich wesentliche Rolle spielt, will man die immanente Betrachtung auf die wirklichen Bedingungen des Wirtschaftens erweitern.

In der Analyse der Tauschvorgänge von Gütern erscheint das Privateigentum stets und lediglich in seiner frei verfügbaren Form als Besitz, als freie Nutzung von Gütern oder von Ressourcen. Die Betrachtung führt stets auf freie, gleichwohl nicht immer edle und integre Subjekte, die als Besitzer Gütermengen auf den Warenmärkten tauschen. Sie benutzen dazu Geld, das da ist. Ohne Geld keinen Gütertausch in heutigen Zeiten. Aber woher das Geld kommt, erfährt man nicht. Heute wird erzählt, es käme aus den Banken. Dort würde eine Geldschöpfungsmaschine Geld aus dem Nichts erzeugen. Ja, so scheint es.

Geldschöpfung aus dem Nichts betrachtet Geld als eine Erscheinungsform, die aus einem immateriellen und zugleich nicht-pekuniären Prozess heraus entsteht. Diese Vorstellung wurde in den siebziger Jahren des 19. Jhd. niedergeschrieben und gilt bis heute in allerlei Facetten als die dominierende Wirtschaftstheorie, deren Name allgemein als Neoklassik bekannt ist und den wir auch für den Monetarismus verwenden. Denn bei allen gilt das Eigentum zwar als ein wichtiges Ordnungselement, ist aber weder als Privateigentum begrifflich richtig gewürdigt, noch in seiner Ordnungsfunktion als konstitutives Element des Wirtschaftens verstanden, sondern nur als ein nachrangiges.

Kein geringer als der Vater der Neoklassik, John Meynard Keynes, hat die ökonomisch fundamental bedeutende, also wirtschaftlich signifikante, immaterielle und zugleich nicht-pekuniäre Ertragsart des Geldes erkannt und als „Liquiditätsprämie“ beschrieben1. Aber wie alle neoklassischen Theoretiker hat Keynes diese „Prämie“ aus einer Perspektive subjektiver Bedürfnisbefriedigung oder einer Mischung aus dieser und „objektiver“ Arbeitswerte bestimmt. So steht sie für so schöne Sachverhalte wie die Annehmlichkeiten der Geldhaltung, also dem Besitz von Bargeld, das überhaupt nicht notwendig gebunden ist an Privateigentum, sondern selbst schon ein Transfer von Tauschwert etwa in Form von Lohn oder Gehalt ist und sich wenig unterscheidet, allenfalls in der Art, dass der eine ein Gut bzw. eine Ware tauscht, der andere dafür Geld gibt.

Geradezu romantisch verklärt erscheint auf dieser Grundlage die rätselhafte Prämie als ein Convenience-Wert, als eine „potenzielle Annehmlichkeit oder Sicherheit“. Keynes attestiert, dass jedes Vermögensgut eine Liquiditätsprämie einschließt, was wenig verwundert, ist Vermögen doch angenehm und vergrößert die Sicherheit vor materiellen Rückschlägen. Ein Asset, also ein Vermögensgut, wird nach Keynes in drei elementaren wirtschaftlichen Größen oder Kategorien unterschieden. Da ist die Kategorie der Produktivität, die einen Produktionsprozess ermöglicht, aber auch Dienstleistungen aller Art. Die sog. „carrying cost“ fassen alle Formen und Arten der Wertminderung bzw. Abschreibungen zusammen wie auch die Kosten für den Unterhalt, die Lagerung und Versicherung eines Vermögensgutes, also die Maintainance. Und als dritte Kategorie imponiert die „liquidity preference“, unsere Liquiditätsprämie, die soviel der Annehmlichkeiten und Sicherheiten des Vermögensbesitzes umfasst.

Darauf bauend hat Keynes die berühmte Formel der Neoklassik für den „Eigenzins“ erfunden. Demnach ist der Gesamtvorteil eines Gutes gebildet aus materiellen, pekuniären sowie immateriellen und nicht-pekuniären Kategorien bzw. Sachverhalten. Die „own-rate of interest“ ist dann: Produktivität minus Maintainance plus Liquiditätsprämie2.

Der besondere Unterschied zwischen Geld und fast allen anderen Vermögensgütern besteht nach Keynes darin, dass beim Geld die Liquiditätsprämie den Maintainancefaktor stark überwiegt, also der Besitz von Geld, kaum Geld kostet, vor allem, wenn man es hortet, während umgekehrt bei den anderen Vermögensgütern die Maintainancekosten die Liquiditätsprämie stark übersteigen. Geldtheoretisch betrachtet, setzt Keynes das Vorhandensein von Geld einfach voraus. Und mit dem Vorhandensein von Geld ist eines deus ex machina gleich, zugleich die Liquiditätsprämie in der Welt, diese immaterielle, nicht-pekuniäre Annehmlichkeit, auf deren Verzicht der Eigenzins beruht. Da aber diese Prämie eine Differenz beschreibt, muss Keynes sie auch benennen und er tut dies auch.

Diese Differenz ist der Betrag, den ein Schuldner an einen Geldgeber bzw. Gläubiger für dessen (teilweise) Aufgabe der Liquidität zahlen muss. Aber damit nicht genug. Denn Keynes sieht gerade hier den Unterschied zwischen Liquidität und tatsächlichem Geld, dem Geld als Tauschmittel und Zahlungsmittel, der mit der Prämie ausgeglichen werden muss.

Dieser immanente Vorteil von Liquidität gegenüber dem gesetzlichen Zahlungsmittel bleibt aber unerklärt. Weder wissen wir, woher er kommt, wie hoch er ist und was ihn verändert. So bleibt im Keynesianismus ein Bestandteil des Kreditzinses die als Preis gemessene Prämie, die für die Aufgabe der Liquidität, resp. der Kaufkraft und des Liquiditätsvorteils über die bemessene Vertragslaufzeit zu zahlen ist.
Und Keynes geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert, dass der Kreditzins im Idealfall neben der Liquiditäts-Präferenz zudem die Inflationsrate ausgleichen und das Kreditrisiko abdecken soll.



Der immaterielle Wert des Eigentums


Die Geschichte kennt eine Unzahl von Ausfallrisiken der Geldverleiher, die nicht selten in Folter und Tod sich erfüllte. Potentaten griffen gerne zu für die Finanzierung ihrer Vergnügungen und Kriege und wenn alles gut ging, sie also im Kriege ordentlich plündern konnten, zahlten sie auch zurück. Mit Zinsen. Lief die Chause aber schlecht, griffen sie nicht selten zur Streckbank, um Geständnisse zu erzwingen auf rechtliche Anwürfe, die jeder Grundlage entbehrten und den eigentlichen Zweck verschleierten, nämlich entweder Kredite nicht zurückzahlen zu wollen oder zu können. Das war die Zeit, als es noch kein Privateigentum wie wir es kennen, gab. Eigentum ja. Etwa ein Schloss, so es kein Lehen, als ein Besitz war.

Aber diese Form des Eigentums war im privatrechtlichen Sinne nicht disponibel. Disponibilität, also die freie Verfügbarkeit von Eigentum ist eine Eigenschaft, die dem Eigentum hinzukommen muss, damit es Privateigentum werden kann. Aber auch im Feudalismus konnte man Haus und Hof verspielen, waren Haus und Hof also disponibel? Da wechselte Eigentum den Eigentümer und das ist keine Disponibilität. Disponibilität von Privateigentum heißt also nicht Wechsel des Eigentümers, sondern Disponibilität für einen, in der Sache selbst nicht materiell vorhandenen Nutzen, etwa zur Beleihung3. Damit ein Vermögensgut privatrechtlich beliehen werden kann, muss dessen Disponibilität belastbar sein.
Keynes hat zumindest noch gesehen, dass es etwas an der Liquidität gibt, das gleichsam als ein Überschussphänomen wirkt, als etwas, womit man durchaus Geschäfte machen kann, die nicht dem klassischen Gütertausch entsprechen. Und Liquidität, wusste er, ist keineswegs gleich zu setzen mit Geld, also mit dem Vorhandensein eines Tausch- oder Zahlungsmittels. Liquidität ist immer eine Form von Disponibilität, also eine Form der Liquidierung von Vermögenswerten, wobei der Wert des Vermögens erst durch dessen Liquidierung entsteht. Das Vermögen wird also belastet und zwar nicht durch eine bestimmte Summe an Geld, zu der ein Vermögenswert verpfändet wurde. Es wird belastet durch einen Rechtstitel, also einen Anspruch auf Eigentumswechsel und dieser Wechsel darf wörtlich genommen werden.

Zum Vergleich. Feudalherren sind, so sie nicht ihr Schlösschen verzockt haben, Pleite gegangen dadurch, dass die Maintenance – und natürlich verschiedene Vergnügungen etc. – ihrer „Güter“ ungleich höher war, als deren „Profit“. Zunächst einmal ist ein Schloss materiell und funktional gesehen ein sehr großes Haus, also kein Vermögenswert. Außer Kosten, die bis zum Erbfall anfallen, bringt so ein Schloss nichts. Und da Feudalherren nicht privatrechtlich sondern erbrechtlich dachten, waren sie auch hinlänglich unbegabt für die Liquidierungschancen, die in ihren Häuschen steckte. Und so ist es auch heute, gleichwohl man das aufgrund sehr unterschiedlicher Bedingungen nicht vergleichen kann. Auf einer materiellen Ebene kann man das. Ob man vom Schloss oder vom Häuschen im Grünen spricht, macht keinen Unterschied. Solange man die Hütte nicht belastet und disponibel macht, ist sie der sicherste Weg in die Pleite. Denn erst durch ihre Liquidierung wird sie zu einem Wert, einem Vermögenswert, vorher nicht. Kosten ohne Einnahmen bzw. Kosten, die die sonstigen Einnahmen übersteigen, haben schon so manchen in den Abgrund gestürzt.

Eigentum an sich hat also keinen anderen als einen Nutzwert, der so hoch ist wie die Kosten für den Unterhalt. Dieser Eigentumswert ist also ein Wert für die Befriedigung individueller, auch von standesmäßigen Bedürfnissen, aber kein ökonomischer Wert. Dazu wird Eigentum erst durch dessen Belastung von einem Rechtstitel und der darauf beruhenden Disponibilität, die nicht nur aber meist in einer Geldform sich realisiert. Eigentum kann für viele Funktionen disponibel sein, hier interessiert uns zunächst die Funktion der Wertschöpfung in Form von Geldwerten. Ist diese Wertschöpfung vorhanden, dann ist auch aus Eigentum ein Vermögenswert geworden, also aus einer wertlosen materiellen Sache zur privaten Nutzung ein transpersonaler Sachverhalt.

Im real existierenden Sozialismus war eben genau dies das Dilemma, hat man dort Marx, der im Zins eigentlich nichts anderes verstand, als den Fetisch des Kapitals, womit er weit unterhalb seiner intellektuellen Möglichkeiten zur Beschreibung des Sachverhaltes blieb, ideologisch nur zu gerne und zu ernst genommen. Die notorische Geldarmut der Sozialisten liegt natürlich in nichts anderem begründet als in der Abschaffung des Privateigentums. Wenn dem dummen Staat alles gehört, wenn es also weder Rechtstitel noch Wert-Disponibilität auf Staatseigentum gibt, was es ja per definitionem nicht geben kann, wem will der Staat denn etwas übereignen und so Geldwerte schöpfen? Schön blöd gelaufen. So sind die Sozen immer klammer bei Kasse in die Pleite geschliddert, ohne zu wissen, wie und warum; und das bis heute. Die notorische Ideologisierung des Privateigentums – sogar Fidel Castro hat es noch kurz vor seinem Ableben mehr als geahnt – war der Grund der ständigen Geldknappheit. Selbst große Staaten und Volkswirtschaften können, ohne zusätzliche Geldschöpfung, allein aus den Mehrwerten des Gütertausches, also aus dem cash flow aller Gütertauschvorgänge nicht leben; im Gegenteil.

Die ganze Tauschwerttheorie ist ohne angemessene Bestimmung des Privateigentums ein ideologisches Monster mit kleinem Erkenntniswert. Dies gilt natürlich nicht nur für die „Klassik“, sondern auch für die Neoklassik. Wir leben und wirtschaften in einer Gesellschaft, die auf einer spezifischen Form des Eigentums, des griechischen Oikos, basiert, und die diese Form des Eigentums entwickelt hat zum Privateigentum. Wer also vom Privateigentum wenig versteht, versteht auch wenig von der Idee, auf deren Grundlage wir heute wirtschaften.

Woher kommt die Fähigkeit, Geld zu schaffen und monetäre Verpflichtungen eingehen zu können? Die keynesianische Liquiditätsprämie beschreibt affirmativ bis romantisch den Zustand, wenn die Geldschöpfung bereits gelaufen ist und monetäre Verpflichtungen eingegangen worden sind. Wenn eine Kundin in den Blumenladen geht und bar bezahlt, dann ist Geld vorhanden und in die Tauschverpflichtung schon einverstanden eingewilligt worden. Das nette Beispiel aber beschreibt nicht einmal ansatzweise, was dem geldbasierten Gütertausch vorher gegangen sein muss. Bevor es zu dieser Form des Gütertausches kommen kann, muss Geld generiert worden sein. Ohne ins Historische zu gehen, reicht die Betrachtung des Blumenkaufs zur Klärung.

Seit Keynes hat sich niemand in der Ökonomik wirklich um die Eigentumsprämie gekümmert. Alle haben ihre wissenschaftlichen Analysen bei der Liquiditätsprämie begonnen und diese kritisch oder affirmativ weitergedacht – in der schönen, wohlfeilen, semantischen Dialektik des Wortes: weiterdenken. Man hat die Liquiditätsprämie in Analysen verfeinert, auf den ökonomischen Feldern spezifisch ausdifferenziert und sogar in Frage gestellt. Aber keiner der berühmten Wissenschaftsökonomen hat sie transzendiert, hat ihre Grundlage, nämlich das Privateigentum reflektiert.
Das „Privateigentum“ hat den Sonnenkönig gestürzt und ihn und seine schöne dumme Frau auf’s Scharfott geführt.
Die Idee der bürgerlichen Gesellschaft haben wir schon vorher ausführlich gewürdigt, uns, an dieser Stelle, bleibt aber, darauf zu insistieren, dass Wirtschaft in einer bürgerlichen Gesellschaft etwas grundsätzlich verschiedenes ist von feudalen, sozialistischen, kommunistischen oder anderen, etwa archaischen Gesellschaftsformen.

In einer auf Privateigentum basierenden Gesellschaft ist Eigentum privatrechtlich geschützt belastbar. Diese Belastbarkeit realisiert sich stets in Gläubiger-Schuldner-Verträgen bzw. in entsprechenden Substitutions-Vertragsverhältnissen wie etwa in Vermögensverwaltungen u.v.a.m. Dieses im Vertragsverhältnis belastete Eigentum wird durch eine gesellschaftliche Grundorganisation, die privatrechtlich Transmission von Eigentum in kreditierbares Eigentumsdisponat ermöglicht, also der Eigentumsprämie zu disponiblen Werten, ausgedrückt in Geld, aber auch in anderen, nicht geldwerten Werten, konstituiert.

Mit dieser Transmission von Eigentum in kreditierbare oder disponible Vermögenswerte war noch im 19. Jhd. die Risiko- und Haftungsfiliation gegeben. Dem ist heute nicht mehr so. Und daran hat die Ökonomik ihren gerüttelten Anteil. Sie hat weder etwas von der konstitutiven Eigenschaft des Privatvermögens verstanden, noch ist sie der Liquiditätsprämie bei Keynes kritisch auf den Grund gegangen, obwohl dies damals intellektuell leicht möglich war.
Was die Wissenschaft des Wirtschaftens heute betrachtet, ist die intelektuelle Kernschmelze ihres eigenen Versagens. Sie bleibt wie fest genagelt auf der Ebene des Gütertausches. Sie beschreibt eine sich ausweitende Nivellierung jedes Sinns von Wirtschaft. Sie weiss nicht, wie mit der ungeheuren Liquiditässchwemme wissenschaftlich umzugehen ist und kann nur depressiv oder hysterisch mit der Liquidität auf den Finanzmärkten umgehen und dem Treiben der Notenbanken ohnmächtig zusehen bzw. schön reden, was die einen, die Monetaristen favorisieren oder in Grund und Boden verdammen, was die Keynesianisten weidlich ausleben. Von ökonomischer Intelligenz zeugt das nicht. Und zunehmend bleiben die Experten bei deren politischen Hauptauftragsgeber unbeschäftigt und die feierliche Präsentation der Ergebnisse der fünf Wirtschaftsweisen in ihren Jahresgutachten vor der politischen Prominenz wie die Übergabe eines Gastgeschenkes für die lieben Kleinen ihrer Auftraggeber. Aber nicht einmal das. Die Gutachten wandern ungelesen in die untersten Schubladen der Vorzimmer der Ministerien und des Kanzleramtes, wo sie vergessen werden.



Eigentum und Marktwirtschaft


Die Grundthese modernen Wirtschaftens besteht darin, dass disponibles Geld kein Anrecht auf Güter, sondern ein Anrecht auf Eigentum implizieren kann. Wie wir dargelegt haben, ist auch nicht die Liquiditätsprämie der Ursprung wirtschaftlichen Handelns, sondern die immaterielle, nicht-pekuniäre Eigentumsprämie, also die Belastbarkeit von Eigentum in privatrechtlichen Gläubiger-Schuldner-Kontrakten, aus denen heraus Eigentum zum disponiblen Wert, zu Geld werden kann.
Eröffnet man ein Konto bei einem Online-Broker, um am Futures-Handel teilzunehmen, dann fordert die Bank eine „Margin“ zur Hinterlegung, in unseren Worten zur freien, disponiblen Verfügung für die Bank. Die „Liquiditätsforderung“ ist aber keine feste Größe. Ihren Wert bemisst die Bank je nach Risikobereitschaft des Investors, nach den jeweiligen Finanzmarktphasen u.a. Durch die Margin wird aber gleichzeitig Liquidität blockiert, steht also nicht für Future-Trades zur Verfügung und fungiert wie ein Kontrakt, in dem eine Übereignung der Margin an die Bank im Falle eines voraussichtlichen negativen Kontos, dem sog. margin call, vereinbart ist.

Zur Kreditierung von Vermögenswerten gehört wesentlich auch eine Risikoprämie. Die Risikoprämie steht neben anderen in einem direkten Verhältnis zum Schuldner-Rating, also zur Einschätzung der Schuldner-Solvenz durch den Gläubiger. Ein solcher Schuldzins besteht im Gütertausch nicht; warum auch. Im Gütertausch ist Geld Zahlungsmittel, im Kreditgeschäft eine Belastung von Eigentum; im ursprünlichen Sinne. Im Wirtschaftsverkehr kann es viele Funktionen annehmen, vor allem bei börsennotierten Unternehmen. Hie kennen wir den Sachverhalt des Aktienrückkaufs, der bei Aktionären nicht immer positiv vermerkt wird. Treib der Rückkauf einerseits den Aktienkurs, so bildet er Eigenkapital, also Ansprüche an die Eigentumswerte des Unternehmens, steht aber gleichzeitig nicht mehr als disponibles Kapital in seiner Geldform als Investitionsvermögen zur Verfügung.

Es ist durchaus verwunderlich, dass die Ökonomik sich lediglich mit Eigentum zweiter Ordnung, dem Besitz, beschäftigt. Dem Besitz ist eigen, dass er weder belastbar noch beleihbar bzw. verpfändbar ist, alles Eigenschaften, die dem Eigentum aber zukommen. Nur durch diese nicht-pekuniären, immateriellen Eigenschaften aber kann Eigentum als Privateigentum zu Geld werden und ist so logisch und faktisch allen daraus folgenden ökonomischen Vorgängen, insofern sie geldbezogene Vorgänge adressieren, vorläufig.

Betrachtet man den Sachverhalt so, dann sind die wesentlichen Begriffe der Ökonomik, die Produktion, Konsumption, Distribution, Transaktion etc. auf dem Privateigentum als movens wirtschaftlichen Handeln gegründet. Im Gegensatz zu Heinsohn und Steiger (2002) machen wir keine Trennung von Eigentumswirtschaft und Marktwirtschaft. Wir werden darlegen, dass Marktwirtschaft nur als Eigentumswirtschaft möglich ist.
Was man heute sieht und allerorts beklagt, ist, dass die reale Bindung der Gläubiger-Schuldner-Haftung sich zunehmend auflöst, dass, wie man so schön sagt, die Gewinne privatisiert und die Risiken sozialisiert werden. Dem ist so zu begegnen, dass strukturell gesehen jedes Geschäft dann am besten ist, wenn es kein Risiko enthält, weder für den Gläubiger noch für den Schuldner. Dass also wirtschaftlichem Handeln eine Zielvorstellung unterliegt, absolut sichere, risikolose Geschäftsvorgänge anzustreben. Nur unter dieser Vorgabe lässt sich dann auch erklären, wie es in fast allen Geschäftsvorgängen zu einer Risiko- bez. Haftungsvereinbarung kommen kann, die beide Seiten des Vorgangs idealiter gleichwertig ins Haftungsrisiko setzt.
Des weiteren sind beileibe nicht alle, sondern eher weniger Geschäfte von solchen Ergebnissen, dass die Haftung substituiert wird. Dies liegt zudem meistens am politischen Willen und nicht an einem rätselhaften Vorgang der Haftungsumkehr im Geschäftsprozess selbst. In den meisten Fällen ist die Haftung heute einklagbar, jedenfalls ist dies nach wie vor juristische Realität.

Die Marktwirtschaft ist zugleich in ihrem Kern Geld- und Zinswirtschaft wie wir bereits sahen. Bei der Geldwirtschaft versuchen die Notenbanken über den Referenzzins Inflation und Beschäftigung zu steuern. Hier erkennen wir also eine direkte Beziehung zwischen Geldwirtschaft und marktwirtschaftlichem Handeln, sofern sie die Bedingungen für einen ausgewogenen Wettbewerb für Güter- und Dienstleistungsproduktion schafft. Warum dies immer weniger positiv gelingt, haben wir angesprochen, wird uns aber auch weiterhin beschäftigen.

Wirtschaften heißt also für uns, Eigentum und Markt, wobei dem Eigentum eine ganz zentrale Rolle dabei zukommt. Nicht als ein dialektisches Herrschaftsverhältnis wie dies Marx beschrieben hat, sondern grundsätzlich als eine Gesellschaftsform, in der Arbeit und Kapital beiderseits marktwirtschaftlich organisiert sind und auf Privateigentum als movens angewiesen sind. Marktwirtschaft und Eigentum bestimmen nicht selten auch die reale Wettbewerbssituation etwa in der Energiewirtschaft und anderen Versorger-Branchen. Da werden zum Zwecke der Abwehr von Monopolbildung Erzeuger und Betreibergesellschaften meistens privatrechtlich getrennt, liegen also eigentumsrechtlich nicht in einer Hand, was den Durchgriff auf Versorgungsleistung und Preisgestaltung verhindert.

Neben dem wettbewersrechtlichen Sinn einer eigentumsrechtlichen Trennung zweier Eigentumswerte können natürlich auch andere Gründe zielführend sein. Heute ist das meist die Erleichterung der Kapitalbeschaffung auf den freien Kapitalmärkten mit besseren Renditeaussichten. Und hier liegt ein Aspekt, der einer kurzen aber genaueren Betrachtung zugeführt werden muss: das vielzitierte Eigentum an Produktionsmitteln. Zu Beginn des Industriezeitalters war nicht selten der Kapitalist der Eigentümer einer Unternehmung und also waren auch die Maschinen scheinbar sein Eigentum. Dem war aber zu Zeiten von Karl Marx oftmals schon nicht mehr so, sondern die Produktionsmittel standen lediglich im Besitz des Kapitalisten, aus dem dann ein Herrschaftsverhältnis abgeleitet wurde.

Soeben haben wir skizziert, dass mit Besitz nichts anzufangen ist, da er eigentlich weder belastet noch liquidiert werden kann. Von Beginn des Industriezeitalters an wurde denn auch der sog. Kapitaleigentümer mit dem „Maschineneigentümer“ gleichgesetzt. Der Kapitaleigentümer war aber von je her nicht am Eigentum von Maschinen interessiert, sondern an einer ordentlichen Rendite für seinen Kapitaleinsatz, was das rasante Wachstum der Kapital- und Finanzmärkte erklärt. Das Ideal des Kapitalisten ist, das Kapital als liquides Geld, als Investment arbeiten, also Rendite erwirtschafen zu lassen. Das sieht man heute, wo die Kapitalmärkte regelrecht von Investivkapital überschwemmt werden und sogar hochriskante Anlageformen wie etwa ICOs, die sagenhafte Renditen versprechen, regelrecht aufblühen.

Das ist und wird nicht die letzte Spekulationsblase sein, verdeutlicht aber, dass Kapital in Form von Anlagevermögen selten, dafür zunehmend mehr in Form von Beteiligungen seine Renditen sucht. Wenn wie oben vermerkt Aktienrückkäufe stattfinden, kann das viele Gründe haben. Einer davon kann sein, dass über die Erhöhung des Eigenkapitalanteils Übernahmen stattfinden, also finanziert werden sollen, wozu die Vermögensanteile als Eigentum belegt sein müssen. Das kann in einem Zug-um-Zug Verfahren umgesetzt werden, was heißt, das disponible Geld wird gewissermaßen in einen Sekundenschlaf gelegt, über die Zeit, die man etwa für zwei Unterschriften in zwei verschiedenen Dokumenten, eine Kauf- und einen Verkaufsvertrag benötigt. Rechtlich gesehen, wird ein Transfer von Sachrecht in Schuldrecht und wieder in Sachrecht vollzogen, wobei das Schuldrecht als Teil des Privatrechts die jeweiligen Rechtsansprüche, also die Schuldverhältnisse regelt, sich also mit dem Recht einer juristischen oder natürlichen Person befasst, von einer anderen Person auf Grund einer rechtlichen Sonderbeziehung eine Leistung zu verlangen.



Eigentum und Volkswirtschaft


Das Schuldrecht als die Privateigentum und wechselseitige Ansprüche auf Eigentum repräsentierende Rechtsform ist, historisch gesehen, eine recht späte Ausprägung der Neuzeit. Erst mit dieser Ausprägung war wirtschaftliche Entwicklung wie wir sie kennen möglich. Vergil, dem der Titel: erster Agrarökonom des Abendlandes zukommen dürfte, schrieb:
„Einst, vor Jupiters Zeit, unterwarf kein Bauer die Fluren, ja, es galt als Verbrechen, durch Grenzen zu zeichnen die Feldmark und zu verteilen. Gemeinsam war alles. Trug doch die Erde freigiebig alles von selbst, es brauchte sie niemand zu drängen.“4

Vergil dokumentiert den politischen Vorgang der Entstehung von Eigentum an Grund und Boden, wie wir heute sagen und gleichzeitig, dass diese Eigentumsform nicht aus irgend einem Wirtschaftsgeschehen entstanden ist. Mit dieser Form der ersten Privatisierung verliert das Gemeinwesen Landwirtschaft seinen kollektiven Nutzen und kollektiven Charakter5. Und es gewinnt den Status einer Ressource. Boden war dabei eine der ersten Ressourcen, die, nimmt man es genau in den Blick, von einer „volkswirtschaftlichen“ Größe in „eigentumswirtschaftliche“ Rechtsgüter verwandelt wurden. Als eigentumswirtschaftliches Gut war Grund und Boden deshalb aber noch keineswegs gleich oder gar ähnlich mit einer privatwirtschaftlichen Gebrauchslegitimität.

Grund und Boden waren zwar vererbbar, aber nicht belastbar und disponibel, also zur freien Verfügung, etwa zur Beleihung. Wir haben am Oikos des Aristoteles die Grenzen dieser Eigentumsgesellschaft aufgezeigt, die darin lagen, dass Grund und Boden die Subistenzwirtschaft der Erben nicht sichern konnte und deshalb das Eigentum selbst aufgeteilt werden musste. Daraus entstanden gewissermaßen der im bäuerlichen Alltag bereits im antiken Griechenland dominierende „Alleinerbe“ und die nichterbenden Söhne des Oikos, hier der Eigentumsgesellschaft, die zu einer bedrohlichen, politischen „Gruppe“ wurden, insofern sie Boden durch Aneignung (im Kriege) für sich gewannen6.

Worauf aber Cicero besonderen Wert legt, ist der Übergang von einer „Volkswirtschaft“ in eine Eigentumswirtschaft, der bereits die Grundfesten des Athener Stadtstaates wie der antiken griechischen Gesellschaft insgesamt erschüttert hat.
„Da wir aber, wie Platon trefflich bemerkt, nicht für uns allein auf der Welt sind, sondern auch das Vaterland, die Eltern, die Freunde teilweise auf unser Dasein Anspruch erheben, da ferner, wie die Stoiker annehmen, die Erde alles, was sie erzeugt, zum Gebrauch der Menschen hervorbringt, und die Menschen selbst der Menschen wegen geschaffen sind, um sich gegenseitig nützen zu können, so ist es unsere Pflicht, hierin der Leitung der Natur zu folgen, zum Nutzen aller das Unsrige bereitzustellen, im Austausch gegenseitiger Pflichtleistungen zu geben und zu nehmen, und durch unsere Geschicklichkeit, durch unsere Anstrengung, durch die uns zu Gebote stehenden Mittel das Band der menschlichen Gesellschaft zu befestigen.“7

Wenn wir heute unter entwickelten Bedingungen des Privateigentums feststellen müssen, dass sich besonders gerne derjenige Teil der Gesellschaft, dessen Anteil an der Bevölkerung bei etwa 1% liegt, dem aber private, liquide und illiquide Vermögenswerte von 70% des gesamten weltweiten Vermögens gehören, dann regt das viele auf und lässt Moral zitieren wie an den Osterfeiertagen. Dabei folgen diese Menschen nur dem Weg ins Paradies, wie er von unserer Marktwirtschaft ausgetreten und in den heute bekannt gewordenen sog. „paradise papers“ veröffentlicht wurde.
Wenn Cicero noch feststellt, dass: „Die Grundlage der Gerechtigkeit aber ist Treue, d.h., Festigkeit und Wahrheit in allem, was man gesprochen und mit anderen ausgemacht hat „8, dann hat er den Verlust der Gemeinschaft aus den Augen des Eigentums im Sinn.

In unserer Zeit erkennen wir, wie weit wir bereits gekommen sind, den volkswirtschaftlichen Nutzen unserer Marktwirtschaft zu minimieren. Die Verschuldung der Staaten spricht bereits davon ganz allgemein. Im Besonderen sehen wir einen Prozess der Rekapitalierung von Investiv- in Eigenkapital, der ganze Volkswirtschaften, die eigentlich Privateigentumswirtschaft genannt werden müssten, schwächt und destabilisiert.

Fast in gleicher Höhe von ca. 4 Mrd. US-Dollar hat z.B. der IT-Riese IBM Dividenden an seine Äktionäre ausgeschüttet und in Aktienrückkäufe investiert und damit fast 8 Mrd. an Kapital repartiiert, also der Liquidierung in Investivkapital entzogen. Über die Höhe der Renditen kann man weidlich streiten, aber der Rückkauf von Aktien trübt doch sehr den Blick in die Zukunft von IBM und dessen Beitrag zu einem volkswirtschaftlichen Nutzen.

Aktienrückkäufe lassen den Wert von Aktien steigen, auch den Gewinn pro Aktie, so sie verkauft wird. Aber das Unternehmen selbst verdient damit kein Geld, im Gegenteil. Es hat disponibles Kapital dem Markt entzogen, es produziert nicht mehr, verbilligt nicht seine Produkte und Dienstleistungen, erschließt keine neuen Märkte, stärkt nicht seine Wettbewerbsfähigkeit. In absoluten Zahlen gesprochen, hat sich zwar der Wert des Unternehmens auf den Finanzmärkten erhöht, ohne dass IBM auch nur einen Dollar mehr verdient hat.

Die Börse notiert dies kurzfristig positiv, geht ja der Kurs nach oben, weil das börsengehandelte Aktienvolumen kleiner geworden ist und damit der Wert jedes Anteilscheines gestiegen ist. Und nicht nur der Aktienkurs profitiert, sondern auch das Portemonnaie der Konzernleitung, jedenfalls in dem Maße wie deren flexibler Gehaltsanteil an die Kursentwicklung an der Börse geknüpft ist.

Dem vergrößerten Privateigentum, sprich Profit der Anteilseigner wie dem potenziellen Vermögenszuwachs der Geschäftsleitung gegenüber steht eine potenzielle volkswirtschaftliche Wohlstandsverminderung. Investivkapital wurde dem Markt entzogen, d.h. weniger Geld für neue Produktionsmittel, neue Produktionsverfahren, neue Idee, neue Patente, weitere Beteiligungen, Mergers & Aquisitions, Joint Ventures oder Risikobeteiligungen etc.

Betrachtet man Wohlstand als volkswirtschaftliche Größe, dann sind Wachstum und Wohlstand fundamental bedingt durch Belastung und Liquidierung von Privateigentum ganz generell und durch Investivkapital im besonderen. Profit, das sehen wir bereits hier, ist keine vorlkswirtschaftliche Größe, sondern eine Eigentumsprämie oder, im Beispiel von variablen, aktiengebundenen Vergütungsanteilen eine potenziell eigentumsbildende Größe.

Eigentum kennzeichnet also ein marktwirtschaftliches, aber noch kein volkswirtschaftliches Handeln.
Das marktwirtschaftliche Ziel der Rendite- oder Profitmaximierung, also der optimalen Verzinsung der Eigentumsprämie, muss unbedingt gegen die volkswirtschftliche Investitionsquote gesehen werden, um den Prozess des Transfers von eigentumswirtschaftlichen Privatnutzen zu volkswirtschaftlichem Gesamtnutzen darzustellen.

Dieser Transfer hat sich nominell in den letzten Jahren zu Ungunsten des volkswirtschaftlichen Gesamtnutzens deutlich verschlechtert. In der Schau von langfristigen Wohlstands- und Reichtumstransfers lag der Anteil von privaten Investitionen an der Wirtschaftsleistung (BIP) in Deutschland im Jahr 2000 bei ca. 21% und sinkt laut Prognose der EU-Kommission in 2017 auf unter 18%. In den USA sink im gleichen Zeitraum der Anteil der privaten Investitionen an der Gesamtwirtschaftsleitung von 19% auf 15,7%.

Wie immer vorsichtig mit solchem Zahlenmaterial in der Bewertung auch umgegangen werden muss, deckt sich die Schlussfolgerung nicht nur den entsprechenden Vergleichszahlen in den vergangenen „Armutsberichten“, sondern macht auch einen Prozess deutlich, dem keineswegs mit der aktuell so strapazierten „Gerechtigkeitsdebatte“ bei zu kommen ist.
Wie Cicero vermerkte gründet die Gerechtigkeit in der Treue, in der Treue gegenüber dem Gemeinwohl, das hier gehörig unter die immer schneller drehenden, marktwirtschäftlichen Räder zu kommen droht.



Anmerkungen:

1 Vgl. John Maynard Keynes: Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes. 11. Auflage. Duncker & Humblot, Berlin 2009, ISBN 3-428-07985-X (Erstausgabe: 1936)

2 Die Formel: q – c + l steht für: q = Produktivität (yield) - c = carrying cost + l = liquidity preference.
Beispiel Blumenladen: Für die Blumenverkäuferin hat der Strauß, wenn sie ihn verkauft, einen Produktivitätswert: den Verkaufserlös. Daneben verursacht er Maintenancekosten: sie muss ihn ins Wasser stellen. Eine Liquiditätsprämie hat er für sie jedoch nicht, denn sie will ihn ja loswerden. Kann sie ihn nicht verkaufen und muss sie ihn wegwerfen, dann hat sie nur Maintenancekosten. Dazu gehören dann auch die Kosten für die Entsorgung sowie die Wertminderung (in diesem Fall die vollkommene Entwertung des Blumenstraußes).
Für eine Käuferin hat der Strauß keinen Produktivitätswert mehr, denn sie will ihn ja nicht mehr verkaufen. Hingegen hat er für sie eine Liquiditätsprämie, weshalb sie ihn gekauft hat: je nachdem die Freude, die sie beim Verschenken empfindet, oder – wenn sie ihn selbst behält – die Freude an seiner Schönheit und seinem Duft. Doch muss sie dafür Maintenancekosten in Kauf nehmen: Sie muss ihn ins Wasser stellen, dieses ab und zu erneuern und die Stiele neu anschneiden.
An diesem Beispiel sieht man schon, dass dieser Ansatz kaum funktioniert und man bei der Liquiditätsprämie überall hin kommt, nur nicht auf ökonomische Sachverhalte.

3 Wichtige Begriffe und Gedanken zum Eigentum als Grundlage modernen Wirtschaftens verdanken wir: G. Heinsohn / O. Steiger: Eigentum, Zins und Geld, Marburg 2002.

4 Publius Vergilius Maro in Vergil, Georgica/Landbau, Buch 1, 125-128.

5 Wir werden der Entwicklung der Allmende in anderen Zusammenhängen wieder begegnen und mehr Raum der Reflexion widmen.

6 "Eigentum gibt es von Natur aus nicht, sondern es entstand entweder durch anfängliche Besitzname, wie bei denen, die vormals in menschenleere Gegenden kamen; oder durch Aneignung, zum Beispiel wenn man es im Krieg gewann; oder durch Gesetz, Verträge und andere Übereinkunft, Los." (Cic.off.1,21,1)

7 Cic.off.1,22,1

8 Cic.off.1,23,1



Foto: monika m. seibel www.photographie-web.de



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